Bild: Volle Kraft voraus: René Schneider und Lars Burkert (vorn, von links) vom Kanusportverein 1928 Flöha bestanden ihre Feuertaufe bei der Deutschen Kanu-Marathonmeisterschaft in München. Auf der Olympiastrecke von 1972 erkämpfte das Duo die Bronzemedaille. (Quelle: Privat/Burkert)
Die Deutschen Kanu- Marathonmeisterschaften in München wurden nicht im Wasser, sondern auf dem Land entschieden. Zwei Flöhaer waren dabei.
(Flöha/München) Dass Rennkanuten nicht nur mit dem Kanu schnell unterwegs sein müssen, sondern auch zu Fuß, sagt eigentlich schon der Name – “Renn-Kanute”. Doch ganz wörtlich nahmen es René Schneider und Lars Burkert bei der Vorbereitung auf ihre ersten Deutschen Kanu-Marathonmeisterschaften nicht. Das wurde den Wassersportlern aus Flöha-Plaue bei den Titelkämpfen in München zum Verhängnis.
Denn bei den Meisterschaften auf der Olympiastrecke von 1972 mussten die Besatzungen nicht nur einen 4,4 Kilometer langen Rundkurs auf dem Wasser fünfmal absolvieren, sondern auch mehrmals die Portage unmittelbar vor der Tribüne der Regattastrecke. “Auf diesem Abschnitt mussten die Boote jedes Mal etwa 200 Meter über Land transportiert werden, und das natürlich so schnell wie möglich – also im Laufschritt”, beschreibt René Schneider die Schlüsselstelle des Kräftemessens der ausdauerndsten Rennkanuten Deutschlands. 173 Meldungen aus 49 Vereinen lagen den Organisatoren vom Deutschen Kanu-Verband vor. Darunter auch erstmals die der beiden Athleten vom Kanusportverein 1928 Flöha. “Wir sind in den vergangenen 15 Jahren ja fast immer nur zu Kurzstreckenregatten gestartet, das war irgendwie immer das Gleiche. Jetzt wollten wir mal was Neues ausprobieren”, begründet Lars Burkert den Tapetenwechsel.
Und das Duo hatte sich im Winter auch den nötigen Schliff für den Umzug ins Lager der Ausdauer- Kanuten geholt. Mehrmals in der Woche ging es zum “Kilometerschrubben” auf den Wehrteich in Plaue. Je nach Wasserstand sind dort zwischen Wehr und Erdmannsdorf etwa 750 Meter Zschopau befahrbar. So stand dem Zweier eine 1,5 Kilometer lange “Runde” zum Kondition bolzen zur Verfügung. Bis zu 15 Mal wurde die Schleife pro Übungseinheit im Stück gefahren. Neben einem chronischen Drehwurm kamen so aber auch etliche Trainingskilometer zusammen.
Das bekamen die Konkurrenten bei den Kanu-Marathonmeisterschaften in Oberschleißheim zu spüren. Bereits nach wenigen Metern sahen sie das Boot der Flöhaer nur noch von hinten. “Als es zum ersten Mal auf die Portage ging, lagen wir in Führung, doch beim Ein- und Aussteigen sowie beim Tragen des Bootes büßten wir so viel Zeit ein, dass wir auf Rang 4 zurückfielen”, berichtet Burkert. Zwar kämpften sich der 36-jährige Flöhaer und sein zwei Jahre älterer Partner aus Erdmannsdorf noch einmal an die Spitze des Feldes, doch beim nächsten Landgang war der Platz an der Sonne endgültig futsch.
“Manche Gegner nahmen uns auf dem Tragestück jedes Mal bis zu 80 Meter ab, das war auf dem Wasser irgendwann nicht mehr aufzuholen”, sagt Schneider. Während die beiden, wahrlich nicht schmalbrüstigen Sachsen nach dem Aussteigen noch das Wasser aus dem Boot kippen mussten, bevor sie sich (und das Kajak) auf die Laufstrecke schleppten, seien 100 Kilogramm schwere Hünen locker-flockig losgesprintet. Einige Crews seien mit Pumpen ausgerüstet gewesen, die das “Entwässern” nebenbei übernahmen. Burkert: “Da waren echte Experten am Start.” Zwar hätten sie von den Tragepassagen gewusst, dass sich hier aber die Spreu vom Weizen trennte, jedoch nicht. “Das schnelle Ein- und Aussteigen lässt sich auf der Zschopau aber auch schlecht trainieren, da es in Flöha keine sandigen oder kiesigen Ufer gibt.”
Doch der Personal-Trainer am Klinikum Chemnitz und der Elek- triker aus dem Augustusburger Ortsteil warfen in der bayerischen Millionen-Metropole die Flinte nicht ins Korn. Sie bissen tapfer die Zähne zusammen und kämpften sich mit letzter Kraft auf den Bronzerang. “Wir waren restlos alle, ich hatte beim Duschen sogar Krämpfe in den Zehen”, berichtet Burkert.
Die Klamotten sind aber noch nicht richtig trocken, da schmieden die beiden Flöhaer Renn- Kanuten schon wieder neue Pläne: Im Herbst wollen sie im tschechischen Krumlov bei einem Fluss-Marathon starten – aber ohne Rennen.